Eine abenteuerliche Reise auf zwei Rädern

800 Km mit Fahrrad, Kind und Anhänger durch das Land der Träume!

Die Great Ocean Road ist für Radreisende normalerweise eine „Rundum-sorglos-Route“. Perfekte Landschaft, gute Infrastruktur, genug Einkaufsmöglichkeiten und kaum Sprachbarriere. Abenteuerlicher wird es mit der passenden Reisebegleitung: Unserem einjährigen Sohn Matteo, Krabbelkind und Radreise-Newbie!

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Unterwegs mit zwei Fahrrädern, zwei Anhängern, acht Packtaschen und einem Kleinkind

Es ist Februar und wir sitzen mit einem Glas Shiraz im Freien, abends um halb 10. Ein perfekter Sommertag geht zu Ende in St Kilda, Melbourne, Australien – fernab der grauen, kalten Tage in der Heimat. Wenn das Nachtleben nicht ganz so turbulent wäre, würden wir wahrscheinlich sogar das wenige hundert Meter entfernte Meer rauschen hören. Und trotzdem: Wir sind alles andere als entspannt. Da ist auf der einen Seite das per App zum Babyfon umgerüstete Handy, das immer wieder unsere Blicke anzieht. Matteo liegt zwei Etagen über uns in seinem Bett und schläft (hoffentlich). Und da sind unsere Gedanken, die abschweifen, wieder und wieder den kommenden Tag durchplanen – die erste Etappe unserer ersten Radreise mit zwei Anhängern und einem Kleinkind.

An diesem Abend fühlen wir uns wie vor unserer ersten Radreise. Alle Routinen und Erfahrungen, die wir uns auf unseren bisherigen Touren angeeignet haben, scheinen nicht mehr gültig zu sein. Der zusätzliche Passagier, auch wenn er noch so klein ist, stellt alles auf den Kopf. 50 bis 80 Kilometer wollen wir pro Tag schaffen – ob das realistisch ist, wissen wir nicht. Viel mehr treibt uns allerdings die Frage um, ob unser neues Teammitglied überhaupt Gefallen finden wird an dieser Art des Reisens. Und dann ist da noch die Logistik: Die erste Teilstrecke wollen wir mit dem Zug zurücklegen – das bedeutet, zwei Fahrräder, zwei Anhänger (einer davon mit Kind) und 8 Packtaschen wollen erst noch verladen werden.

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Am nächsten Morgen brechen wir auf zur Southern Cross Station. Zwar ist uns noch immer etwas mulmig, aber letztendlich sind wir froh, dass das Grübeln nun ein Ende hat. Der Praxistest „Radreise mit Kind beginnt“! Die Bahn bringt uns ohne Zwischenfälle nach Geelong, wo wir unsere erste Radetappe Richtung Süden beginnen. Das Tagesziel ist Torquay, das australische Surf-Mekka und offizieller Start der Great Ocean Road. Auf unserer Route jedoch ist vom Meer zunächst nichts zu sehen, wir teilen uns die Straßen mit dichtem Autoverkehr. Nach 22 Rad-Kilometern sind wir am Ende und am Ziel. Wir ziehen ein erstes Fazit und korrigieren unsere geplanten Etappenlängen rigoros nach unten. Ab sofort gilt: Maximal 50 Kilometer pro Tag!

Gefährliche Brandung an den Surfstränden

Die nächste Etappe führt uns an den berühmten Surfstränden von Torquay vorbei. Am Bells Beach wurde einst der Hollywood-Film „Gefährliche Brandung“ mit Patrick Swayze und Keanu Reeves gedreht. Leider ist gerade Wochenende, weshalb wir die Straße mit vielen anderen, vorwiegend motorisiert Reisenden teilen müssen. Lorne, unser Tagesziel, gefällt uns so gut, dass wir beschließen, hier einen Tag Pause zu machen. In dem hübschen Küstenort lässt sich ausgezeichnet entspannen, wechselweise am Strand oder im Strandcafé. Matteo genießt es ebenso, er hält zum ersten Mal in seinem Leben die Füße ins Meer und kann gar nicht genug davon bekommen.

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Great Ocean Road - 243 km von Torquai nach Allansford

Von da an wird unsere Route immer idyllischer: Die Great Ocean Road wird schmaler, der Verkehr nimmt ab und gibt nach jeder Biegung einen anderen spektakulären Blick auf die raue Küste frei. Der stetige Wechsel aus Steigung und Abfahrt verlangt uns mit unseren gut bepackten Gespannen jedoch einiges ab. Abwechslungsreich bleibt auch die Fauna (Koalas! Kakadus!) und leider auch die Witterung. Matteos Interesse an Fahrradtechnik scheint geweckt zu sein, er nutzt die Pausen, um alles genau zu inspizieren. Dabei hangelt er sich bevorzugt am Riemenantrieb entlang. Zu Glück fahren wir nicht mit schmieriger Kette.

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Via Apollo Bay machen wir uns auf den Weg zum südlichsten Punkt der Great Ocean Road: Cape Otway. Wir beschließen, eine Abkürzung zu nehmen und landen auf dem Great Ocean Walk – dem Wanderweg entlang der Great Ocean Road. Die Route führt uns durch dichte Farn- und Eukalyptuswälder und über sandige Pisten, für die wir ein bisschen zu viel Gepäck an Bord haben. Wir begegnen Kängurus, die von unserem Anblick überrascht wirken, dafür aber nahezu keinem einzigen Auto. Am Bimbi Park Campground beziehen wir eine gemütliche Cabin und legen den restlichen Tag den Kopf in den Nacken: In den Bäumen über uns tummeln sich Koalas und wir können uns nicht sattsehen.

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Twelve Apostels

Am darauffolgenden Tag bekommen wir höchstens vom stetigen Bergauf-Fahren einen steifen Nacken. Bis Lavers Hill, dem höchsten Punkt der Great Ocean Road, bezwingen wir knapp 800 Höhenmeter und lassen uns dann erschöpft gen Tal rollen zu unserer Unterkunft in Wattle Hill. Eine ausgelassene Feierabendstimmung will aber nicht aufkommen auf unserer Reise, denn einer hält uns immer auf Trab. Anders als wir kommt Matteo bestens ausgeruht am Ziel an und fordert genau dann sein Spaßprogramm ein, wenn uns der Sinn nach Beine hochlegen steht.

Dem weltberühmten Highlight der Great Ocean Road sind wir nun schon ganz nahe: die nächste Etappe führt uns an den Twelve Apostels vorbei, den vor der Steilküste liegenden Kalkstein-Pfeilern, die nach Uluru vermutlich die meistfotografierte Sehenswürdigkeit Australiens sind. Auch wir sind beeindruckt und legen einen Tag Fahrradpause ein, um von Port Campbell aus zu Fuß die Küste zu erkunden. Jetzt lohnt es sich, dass wir für Matteo die ganze Zeit einen Buggy mit im Gepäck hatten.

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Noch mehr spektakuläre Gesteinsformationen erwarten uns auf dem Weg nach Peterborough. Hier reiht sich ein Felsbogen an den anderen: „The Arch“, „The Grotto“, „London Arch“. Letzterer war bis 1990 sogar ein Doppelbogen mit dem Namen „London Bridge“. Hinter Peterborough biegt die Great Ocean Road dann ins Hinterland ab. Die Landschaft wird eintöniger und wir kämpfen mit Gegenwind und Temperaturen um 30 Grad Celsius. Bei Allansford stoßen wir auf eine riesige Käsefabrik, die die stetig vorbeiströmenden Touristenkarawanen für sich zu nutzen weiß. Die „Cheese World“, ein etwas kurioses, dafür aber bestens klimatisiertes Restaurant, zieht auch uns in den Bann und so können wir erstmal ein wenig herunterkühlen, bevor wir die letzten Kilometer Richtung Westen zurücklegen. In Warrnambol ist das Ende der Great Ocean Road erreicht, jedoch nicht das Ende unserer Radreise.

Über die Mornington Peninsula und Phillip Island zurück nach Melbourne

Per Zug oder vielmehr Ersatzbus kehren wir zurück nach Geelong, dem Ausgangspunkt unserer Tour. Von dort wollen wir zum (Halb-)Inselhopping aufbrechen. Der Bellarine Rail Trail führt uns fernab vom motorisierten Verkehr direkt nach Queenscliff. Mit der Fähre setzen wir über auf die Mornington Peninsula über und gönnen uns einen Ruhetag in Sorrento. Das mondäne Örtchen liegt auf einer schmalen Landzunge zwischen Port Phillip, der Bucht vor Melbourne und dem offenen Meer der Bass Strait. Entsprechend abwechslungsreich sind die Strände: Auf der einen Seite felsige Buchten und raues Meer, auf der anderen sandige Strände mit seichtem, beinah türkisem Wasser.

Unser nächstes Ziel ist Philip Island. Die 50 Kilometer bis zur Fähre nach Stony Point fahren wir ohne Pause durch, denn solange der kleine Passagier schläft, heißt es für uns Kilometer machen – und an diesem Tag schläft er friedlich und ausdauernd wie selten. Auf der Überfahrt nach Cowes legt die Fähre einen kurzen Zwischenstopp auf French Island ein. Auf der Insel leben weniger als 100 Menschen, dafür aber umso mehr Vögel, Kängurus und Koalas. Wir lassen die Landschaft an uns vorbeiziehen und freuen uns, für dieses Naturschauspiel ausnahmsweise nicht in die Pedale treten müssen. Auf Philipp Island angekommen geht es direkt mit Strandurlaub weiter: Türkisblaues Meer, breite Sandstrände und Temperaturen über 30 Grad erwarten uns. Den Sonnenuntergang verbringen wir am Summerland Beach, wo sich jeden Abend ein außergewöhnliches Naturschauspiel ereignet: die Penguin Parade. Dann kehrt eine ganze Kolonie Zwergpinguine aus dem Wasser zurück an Land, um die Nacht in ihren Nestern zwischen den Felsen zu verbringen.

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Vor dem Rückweg nach Melbourne, diesmal entlang der Ostküste der Bay, besuchen wir auf Phillip Island das Koala Conservation Center, wo wir die süßen Bären beim Schlafen in ihren Eukalyptus-Bäumen beobachten. In Melbourne angekommen beziehen wir das gleiche Apartment wie zu Beginn unserer Reise. Das Gläschen Shiraz können wir an diesem Abend in vollen Zügen genießen – mit der Erleichterung, das erste Abenteuer auf zwei Rädern im Dreierteam gemeistert zu haben und der Gewissheit, dass weitere folgen werden.

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Vorschau: Australien
Erlebt & geschrieben von Stephanie Römer #Abenteuer
Dieses Equipment war mit dabei:
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